Kientopp-Bilder
Original-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 244

1.
Es gibt wohl heut' nicht eine Stadt – Jumheidi – jumheida
wo man noch keinen Kientopp hat – tralalalalala –
schaut nach Süden, Osten, Norden –
wo ein Laden leer geworden,
wo mal ein Geschäft verkracht,
wird ein Kientopp aufgemacht.
Jeder will ins Kino gehen –
viele Bilder gibt's zu sehen –
manchmal sind sie schön und bunt,
manchmal sieht man lauter Sch – – –
lauter schöne Sachen gibt's zu schauen –
auf die Echtheit kann ein jeder bauen.
Ich sah mir jüngst im Kientopp das Aktuellste an.
Das will ich Ihnen schildern, so gut ich's eben kann.

2.
Zuerst sah ich ein trübes Bild – Jumheidi – jumheida –
viel schreckliches ward da enthüllt – tralalalalala –
Raub und Mord und Hass und Liebe –
alle hoh'n und nieder'n Triebe –
einen Mörder konnt' ich seh'n
neben seinem Opfer stehn
dann sah ich den Schuft entlaufen –
hinter ihm ein Menschenhaufen.
Als ich dacht': Jetzt ist er weg!
Fiel er plötzlich in den Dr - - -
dringend bitt' ich, ja nicht zu erschrecken,
es gelang den Kerl ins Loch zu stecken.
Er wurde aufgehangen – was lehrt uns die Geschicht'?
Im Kientopp fang'n sie 'n Mörder – im Leben meistens nicht.

3.
Ein neues Bild entrollte flink – Jumheidi – jumheida –
„Wie Piefke in den Reichstag ging“ – tralalalalala –
Piefke war zum ersten Male
in den großen Reichstags-Saale,
war gewählt und sollte nun
etwas für die Wähler tun.
Doch beim Reden dann, wo Schrecken!
Bliebt Herr Piefke plötzlich stecken.
Alle liefern raus – oh Pech! –
Denn er schwatzte lauter Bl - - -
Blass stand Piefke da und alles lachte –
„Bravo“, schrie'n die Leute – und ich dachte:
So'n Reichstag hier im Kientopp ist wirklich ganz famos.
Man hört nicht, was sie reden – man sieht die Leute bloß.

4.
Ich sah das schöne Kongoland – Jumheidi – jumheida –
wir das erwirbt, der hat Verstand – tralalalalala –
auf der Leinwand konnt' ich schauen
deutsche Männer – deutsche Frauen,
die zum Kongo zogen ein –
und ich dachte: Das wird fein!
Bleibt am Kongo, meine Lieben,
denn die Schlafsucht herrscht dort drüben,
Schlaf dort, lieber Michel, schlaf,
denn du bist und bleibst ein Sch – – –
schadet nichts, das werden wir schon kriegen,
denn am Kongo gibt's 'ne Menge Fliegen,
hat einer dort die Schlafsucht, dann sind sie bei der Hand.
Sie stechen, er wird munter und preist sein Vaterland.

5.
Dann sah ich auf der Leinewand – Jumheidi – jumheida –
den Herrn John Bull aus Engeland – tralalalalala –
dieser gab – Potz alle Wetter –
einen Kuss dem deutschen Vetter –
und ich musste mir gestehn:
dieses Bild ist einzig schön – – – –
aber, wenn wir uns getrauen,
noch ein neues Schiff zu bauen,
dann wird die Geschichte faul –
dann hat er wieder 's große  Mau – – –
mausetot ist jetzt die ganze Fehde
und von Feindschaft ist nie mehr die Rede,
das Land hat keine Mängel, es wohnen, wie bekannt,
dort drüben lauter Engel im schönen Engeland.

6.
ich konnt' die Sarah Bernhardt seh'n – Jumheidi – jumheida –
die ist schon lange jung und schön – tralalalalala –
jetzt, ein jeder hat's gelesen,
heirat't noch das holde Wesen.
Auf dem Bild sah ich ihn,
wie er bei der Braut erschien –
und sie schenkte ihm was Rares
's war ihr Bild, ein Brustbild war es –
und er dachte unbewusst:
Kind, wo hast du denn die Br – – –
was er suchte, hat er nicht gefunden.
Da schrie im Kientopp einer: „Sie, bleib'n Sie mal stehn,
ich bring 'nen Operngucker, dann könn'n Sie besser seh'n.“

7.
Dann sah ich den Herrn Poirot – Jumheidi – jumheida –
den Schneider für die Haute voulé – tralalalalala –
aus Paris kam dieser Schneider,
macht ganz kuriose Kleider –
und den ganzen Damenflor
stellte er im Kino vor.
Manche Kleider war'n voll Falten,
manche war'n zu eng gehalten
und sie zwängten wie'n Trikot
Rücken, Taille und – – –
Poirot, du Held – du vielgenannter –
neben mir, da pries dich ein Bekannter:
„Entzückend, reizend, himmlisch seh'n diese Kleider aus.
Wenn meine Frau so ankommt, dann – – schmeiße ich sie raus.“

8.
Ich sah den Hohenzollerstorch – Jumheidi – jumheida –
der füllt die Hohenzollern„borg“ – tralalalalala –
ja, den Kronprinz samt Cäcilie
konnt' man seh'n mit der Familie –
und bei diesem Bilde schrie
einer von der Galerie:
„Preußen hoch! Die andern Färschten,
die sind meistens noch beim Erschten,
aber hier sind viere da,
er macht's grad sein – – –
Pass mal auf, mein Prinz, mein allerbester –
noch zwei Brüder und dann kommt 'ne Schwester.
Der Kronprinz, der folgt später dem Vater auf dem Thron,
erfolgt ihm auch schon heute, als wohlgeratener Sohn.“

9.
Dann schaut' ich auf die Leinwand hin – Jumheidi – jumheida –
und sah 'ne schöne Tänzerin – tralalalalala –
diese Tänzerin aus München –
da gibt's nichts zu übertünchen –
die war barfuß bis zum Hals –
aber schön war's jedenfalls.
Alles schaut auf die Leinwand.
Plötzlich gab es einen Einwand,
denn 'nen Schutzmann hört ich schrei'n:
„Dieses Bild ist sehr gem – – –“
Sehr gemütlich wurde nun die Sache –
und es schloss mit einem großen Krache.
Der Vorhang musste fallen – die Leute mussten raus.
Nun ist es mit den Bildern und mit dem Liedchen aus.

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