Drum bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin
Original-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 223
1.
Ach, in ganz Deutschland mehren sich die Zeichen
der Nörgelei, was mir nicht gut gefällt.
Ich gebe zu – das Geld hab'n nur die Reichen,
und grad' die Armen hab'n sehr wenig Geld.
Ich gebe zu – schaut man nach andern Ländern,
da gibt's bei uns noch manches abzuändern.
Ich gebe zu, dass mancher fremde Staat
Mehr Freiheit lässt dem Wort und der Tat.
Und doch – und doch – komm' ich aus fernen Gauen
und kann – komm' ich zur deutschen Grenze hin –
als ersten Landsmann gleich 'nen Schutzmann schauen,
dann bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin.
2.
Ich gebe zu – wir sind nicht sehr sympathisch
im ganzen Ausland – und das schmerzt mich sehr
ich gebe zu – der Zwist ward systematisch.
Italien selbst entfernt sich immer mehr.
Ich gebe zu – besonders bei den Briten,
da ist der Deutsche nicht sehr gut gelitten.
Ich gebe zu – 's herrscht wenig Einigkeit,
und auf uns Deutsche schaut man oft voll Neid.
Und doch – und doch – nicht jeder mag uns leiden –
grad' das beweist: im Deutschen steckt was drin –
denn, wer nichts ist, den wird man nicht beneiden –
drum bin ich froh, dass ich ein Deutscher in.
3.
Ich gebe zu – 's gibt nicht nur schöne Frauen
am Rhein und an der Spree und in dem Harz.
Auch 'ne Mulattin kann uns mal erbauen,
'ne Neg'rin, schwarz – ist auch mal was apart's.
Ich gebe zu – 'ne braune und 'ne gelbe,
die küsst man auch – man will nicht stets dasselbe. –
Ich gebe zu – in Spanien und Paris,
da küssen alle Mädchen extra-süß.
Und doch – und doch – wenn ich im Ausland reise
und treffe Abends 'ne Berlinerin –
„Na, Dickchen, ooch aus Preußen?“ sagt sie leise –
dann bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin.
4.
Ich gebe zu – die neuen Steuern gaben
viel Böses Blut – man nörgelt ohne Ruh.
Ich gebe zu – der Staat will stets was haben,
er nimmt – ergibt nichts zu – das geb' ich zu.
Ich gebe zu – die Sozialisten wachse,
rot, schamrot wird's in Preußen, Baden, Sachsen.
Ich gebe zu – ich hätte selbst gelacht,
hätt' man die Erbschaftssteuer durchgebracht.
Und doch – und doch – jetzt freu' ich mich aufs Sterben –
lieg' ich erst mal vergnügt im Sarge drin,
weiß ich genau: jetzt lachen meine Erben –
dann bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin.
5.
Ich gebe zu – 's wär manchmal gar nicht schade,
wenn man dem Militär mehr Freiheit ließ.
Ich gebe zu – 's ist oft zu viel Parade –
Parade kommt nicht her von Paradies
ich gebe zu – man könnt' aus den Kasernen
noch manches Wort und manchen Stoß entfernen;
ich gebe zu – so mancher Herr Sergeant
hat's Buch von „Knigges Umgang“ nie gekannt.
Und doch – und doch – seh' ich sie aufmarschieren,
so schneidig stramm – denk' ich in meinem Sinn:
solang' die da sind, kann uns nichts passieren –
dann bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin.
6.
Ich gebe zu – wir haben gegenwärtig
noch mit der Luftfahrt einen schweren Stand.
Ich gebe zu – 's ist noch nicht alles fertig;
's ist noch zu neu, zu teuer, zu riskant.
Ich gebe zu – nicht wir allein probieren –
nein, auch das Ausland möchte konkurrieren.
Ich gebe zu – es währt noch manches Jahr,
bis wir die Luft erobert ganz und gar.
Und doch – und doch – wenn ich nach oben sehen
und „Zeppelin“ streicht durch die Wolken hin,
dann seh' ich: Deutschland ist noch auf der Höhe,
dann bin ich froh, dass ich ein Deutscher bin.