Nee sowas!
Original-Couplet von Otto Reutter
1.
Gibt’s mal in 'ner Kleinstadt 'ne Kaffeevisit,
dann sitzen die Basen bei 'nand’,
erzähl'n sich das Neu'ste. Was eine nicht weiß,
das gibt ihr die And're bekannt.
Da gibt's ein Geklatsche: „Ach wissen Sie schon?
Sie kenn'n doch Frau Müller, die eitle Person,
die hat mit 'nem ganz neuen Hut jetzt geprahlt.
Der alte ist noch nicht bezahlt.“
„Nee sowas, nee sowas!“
„Bei Meier's Klothilde, bedenken Sie nur,“ -
- „nee sowas, nee sowas!“ -
„Da ging die Verlobung retour.“
„Der Ält'ste von Lehmanns, der ward nicht versetzt,
der Bengel, der ist auch zu dumm.“
„Und Fräulein Schulz heirat't ihr'n Zimmerherr'n jetzt,
man kann sich schon denken warum.“
2.
Bulgarien's Ferdinand hat jüngst Berlin
mit seinem Besuche beehrt.
Man hatte zwar früher viel wen'ger von ihm,
als von seiner Nase gehört.
„Wo der Fürst regiert“, hörte jeden man schrei'n,
„Da steckt er die Nase in alles hinein.“ –
Und als Ferdinand an der Hoftafel saß,
da lacht man und zeigt auf die Nas'.
„Nee sowas, nee sowas!
Der hat ja nen Riecher so lang und so breit –
Nee sowas, nee sowas!
Er stammt wohl von unserer Leit.“
Der Ferdinand aber war gar nicht betrübt,
er sagte mit gutem Humor:
„Sie sehen, ich bin jedem Herrscher, den's gibt,
bestimmt um ne Nasenläng' vor.“
3.
Der Adam, das ist wohl 'nem Jeden bekannt,
war erst auf der Erde allein.
Er konnte stets ruh'n - hatte gar nichts zu tun,
das muß doch sehr langweilig sein.
Drum schlief er fast immer bei Tag und bei Nacht,
da ist durch 'nen Rippenstoß einst er erwacht,
Nun sah er ein Wesen hold lächelnd im Gras.
Erstaunt rief er aus: „Was ist das?
Nee sowas, nee sowas!
Da liegt was, sieht beinah aus als wie ich,
nee sowas, nee sowas!
Ich glaube, das ist was für mich.
Jetzt hab' ich Zerstreuung, das finde ich schön,
man hat mir ein Spielzeug gebracht.
Nur eins ist fatal, es ist niemand zu seh'n,
der mir sagen kann, was man mit macht.“
4.
Herr Bemmchen aus Sachsen hat kürzlich gefreit
ein Mädchen von schöner Figur.
Am Hochzeitstag sagt er den Gästen voll Freud:
„Bei der ist noch alles Natur.“
Am nächsten Tag geht er ins Zimmer ganz sacht,
bevor seine Frau Toilette gemacht.
Da steht ein Gerippe – nun packt ihn ein Graus.
Vor Staunen und Schrecken ruft er aus:
„Nee sowas, nee sowas!
Karline, du bist wohl noch gar nicht ganz hier!
Nee sowas, nee sowas!
Da fehlt ja die Hälfte von dir.
Wenn du deine Beene, die Szene, den Zopp
und die Taille auf dem Stuhl liegen lässt,
dann leg dich man ooch noch daruff mit dem Kopp,
ich dank für den schäbigen Rest.“
5.
Die Annemarie war kaum zwanzig Jahr alt,
als sie ihren Liebsten gefreit.
Ihre Freundin Mathilde, ein blutjunges Ding,
war auch bei der Hochzeit voll Freud'.
Nach kurzer Zeit trifft sie die Annemarie.
„Wie gehts in der Ehe?“ fragt neugierig sie.
„Was macht ihr, was treibt ihr denn, seid ihr beglückt?“
Da sagt ihre Freundin entzückt:
„Nee sowas, nee sowas!
Ich hab' mir das gar nicht so schön vorgestellt.
Nee sowas, nee sowas!
Mein Mann ist der beste der Welt.
Das Feuer der Liebe, das lodert so hoch,
sein Herze, das macht nie bankrott.
Ich kann dir nur eins sagen: Heirate ooch,
Mathilde - du lachst dich kapot!“
6.
Der Großvater möcht' seinen Enkel mal sehn,
drum fährt in die Stadt er hinein.
Die Mutter hat grad' in der Küche zu tun,
er ist mit dem Bengel allein.
Der hat in der Wiege im Schlaf sich gedreht,
das Unt're nach oben, wie's manchmal so geht.
Der Alte, dem's schon an der Sehkraft gebricht,
der merkt nichts davon und er spricht:
„Nee sowas, nee sowas!
Man schreibt mir, er hätte des Vaters Gesicht.
Nee sowas, nee sowas!
So'n Kopf hat der Vater doch nicht.“
Er läuft in die Küche in schnellem Galopp,
dort trifft er die Tochter und spricht:
„Was hat denn dein Kind für 'nen komischen Kopp,
hat nicht mal 'ne Nas’ im Gesicht!“