Nach der Heimat möcht ich wieder!

Parodistisches Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr.147

1.
Der Michel vom Dorf ging zur Musterung hin.
Man nahm ihn zur Infanterie.
Da sprach er voll Freuden: „Ich bleib gleich dabei –
zurück in das Dorf kommt ich nie!“
Jetzt muss er sich klagen, noch mehr als wie früh'r –
und dann die Liebkosung vom Unt'roffizier!
Er hat sich die Sache ganz anders gedacht.
Nun singt er des Nachts auf der Wacht:
„Nach der Heimat möcht ich wieder –
dein denk ich voll Sehnsuchtspein!
Ach, mich schmerzen alle Glieder –
welche Lust, Soldat zu sein!“

Beiden
Ein Sachse hat viel von Berlin schon gehört,
die schönste Stadt wär's von der Welt.
Nach, denkt er, die muss ich mir auch mal beseh'n
doch dort war er gründlich geprellt.
Er kommt in ne Kneipe, vier „Damen“ dabei –
ertrinkt und er zahlt – was es kost't – einerlei –
mein Stil ihm den Rest und man wirft ihn hinaus.
Da ruft unter Tränen er aus:
„Nach der Heimat möcht ich wieder!
Oh, wie schön klingt dieses Lied!
Meine Alte haut mich nieder,
wenn Sie 'n leeren Beutel sieht!“

3.
Ein alter Versprecher, schon sechzig Jahr alt,
der nie was Reeles geschafft,
und mehr in Gefängnis, als draußen vor weilt –
kommt wieder mal raus aus der Haft.
Er irrt ein'ge Wochen im Freien herum –
dann wurde es Winter, das war ihm zu dumm.
Da schlägt er ganz einfach ne Scheibe entzwei
und ruft selbst den Schutzmann herbei:
„Nach der Heimat möcht ich wieder
in das stille warme Haus –
bis im Frühling blüht der Flieder –
vorher möcht ich nicht mehr raus.“

4.
Der König von Belgien, ein würdiger her,
der ist jetzt besorgt und betrüben.
Die Tochter Luise, die hat sich entfernt,
sie, die aber am meisten geliebt.
Er ließ sie behüten – nichts konnt ihr gescheh'n –
wie mag es ihr in der Ferne ergeh'n?
Ihr fehlt jetzt der Vater, die Sache geht schief –
drum schrieb er nen zärtlichen Brief:
„Nach der Heimat kehre wieder
in das teure Vaterhaus!“
Doch sie schrieb: „Spar eine Lieder!
So verrückt seh ich nicht aus!“

5.
Es hat Kuropatkin, der russ'sche Gen'ral,
bisher noch nichts Großes getan.
Er ging stets zurück und er sprach alle Mal:
„Das war ja schon vorher mein Plan.“
Ja, wenn er sich vornimmt, geschieht unbedingt
man sieht's ja, wie gut ihm's Verlieren gelingt.
Als jemand ihn fragt: „Warum geh'n Sie zurück?“
Da sagt er voll Sehnsucht und Glück:
„Nach der Heimat möcht ich wieder,
bin ihr jetzt schon ziemlich nah, –
ich und meine Waffenbrüder. –
Wir sind noch vor Japan da.“

6.
Das Denkmal von Friedrich dem Großen, das ward
ins Ausland hinüber gesandt.
Man stellt unsern Fritz in Amerika auf.
Der fühlt sich nicht wohl in dem Land.
Drum schaut sein Gesichte, wie Marmor sogleich –
doch kommt mal ein Schiff an aus unserem Reich,
dann scheint er zu leben – sein Antlitz es glüht
dann summt er ganz leise das Lied:
„Nach der Heimat möcht ich wieder!
Warum war ich hergesandt?
Ach, die Sehnsucht drückt mich nieder –
sei gegrüßt, mein Vaterland!“

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