Am Fenster

Original-Couplet
Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 165


1.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Es gehn den langen, lieben Tag
viel Leute dort vorbei.
Ich habe oft das Singen satt,
dann wohn ich in ‘ner kleinen Stadt.
Dort hab ich mir gemietet
ein nettes, kleines Haus.
Dann steck‘ ich mir die Pfeife an
und guck zum Fenster raus.

2.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um sieben komm'n die Kinder, die
zur Schule geh'n vorbei.
Sie geh'n nicht gern zur Schule rein.
Jüngst sprach ein junges Knäbelein:
„Ach die Berliner Kinder
hab'n viel vor uns voraus,
denn da ist oft Parade und
dann fällt die Schule aus.“

3.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um acht kommt der Professor
an meinem Haus vorbei.
Scheint auch die Sonne noch so warm,
er trägt den Regenschirm im Arm,
der ist ihm unentbehrlich,
wie auch die Sonne glimmt.
Doch wenn er‘n mal vergessen hat,
dann regnet‘s ganz bestimmt.

4.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um neun Uhr fährt der Ökonom
ein meinem Haus vorbei.
Seh ich den Wagen nur – im Nu
halte ich mir schon die Nase zu.
Der Wagen hat ne Länge,
die unerträglich ist.
Ich glaube, dass drei Meter
ein solcher Wagen – misst.


(4a.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Der Postbriefträger kommt um neun
an meinem Haus vorbei.
Dann ruft so manche Maid: „Herr Schmidt,
hab‘n Sie für mich kein Brieflein mit?“
Und wenn er „Nein“ sagt, schimpft sie.
Doch er sagt dann zu ihr:
„Wenn der infame Kerl nicht schreibt,
kann ich doch nichts dafür.“)

5.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um zehn Uhr reitet Rentier Protz
an meinem Haus vorbei.
Er reitet jeden Morgen aus
und kommt nie mit dem Pferd nach Haus.
Die beiden sind nicht einig,
mal kommt das Pferd zu früh
und mal ist er der erste, doch
zusammen komm‘n sie nie.

6.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Der Post Briefträger kommt um elf
zum 2. Mal vorbei.
Dann ruft so manche Maid: „Herr Schmidt“,
hab'n Sie für mich kein Brieflein mit?“
Und wenn er „Nein“ sagt, schimpft sie –
doch er sagt dann zu ihr:
„Wenn der infame Kerl nicht schreibt,
kann ich doch nichts dafür“.


(6a.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um elfe fährt der Bauer Sepp
an meinem Haus vorbei.
Seh ich den Wagen nur - im Nu
halt ich mir schon die Nase zu.
Der Wagen hat ‘ne Länge,
die unerträglich ist.
Ich glaube, daß drei Meter
ein solcher Wagen - mißt.)

7.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um zwölfe kommt das Militär
an meinem Haus vorbei.
Die dicke Köchin nebenan
winkt ‘nen Soldaten zu sich ran.
„Komm zu mir in die Küche“,
sagt sie voll Liebeslust,
„da kriegst du meinen Schinken
und meine Gänsebrust.“

8.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um ein Uhr kommt der Dr.
an meinem Haus vorbei.
Der ist so lustig – sapperment –
mir scheint, der hat 'nen Patient
ich ruft ihm zu: „Beeil dich,
denn wenn du länger wart'st
dann wird der Mann von selbst gesund,
dann braucht er keinen Arzt“.

9.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um zwei kommt der Gerichtsvollzieh‘r
an meinem Haus vorbei.
Zu mir, da kommt er nicht hinein.
Die Pfändung würde fruchtlos sein.
Ich kann den Kerl nicht leiden.
Als er nicht hingeguckt,
hab’ ich ihm jüngst von oben auf
die Mütze ‘rauf gespuckt.

10.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Nachmittags geht die Tochter
von Nachbar Schulze vorbei.
Zwar musikalisch ist sie nicht,
doch kriegt sie trotzdem Unterricht.
Wenn die erst kochen lernt,
das wäre gut für die.
Was soll sie in der Ehe mit
der neunten Sinfonie?

11.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
'ne dicke Frau kommt jeden Tag
ein meinem Haus vorbei.
Madame Meier heißt die Frau.
Ein jedes Kind kennt sie genau.
Was diese Dame leistet,
das grenzt an Hexerei,
denn sie verdoppelt ne Person,
aus einer macht sie zwei.

12.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um sechs kommt Fräulein Adelheid
an meinem Haus vorbei.
Die alte Jungfer, ‘s ist zu dumm,
führt stets ‘nen Hund mit sich herum.
Sie hält ihn an der Leine
und an ‘ner jeden Eck,
da bleibt das Hündchen stehen und
sie guckt solange weg.

13.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Zweimal am Tage kommt – pardon!
der Schweinehirt vorbei.
Der bläst ein Lied auf der Schalmei,
die Schweine strömen dann herbei.
Am Abend komm’n sie wieder,
woraus man schließen mag:
Wir hab’n in uns’rer Stadt des Nachts
mehr Schweine wie am Tag

14.
Am Fenster, am Fenster,
da sieht man mancherlei.
Um neun fängt‘s an zu dämmern,
dann ist der Tag vorbei.
Dann schleicht ganz sacht beim Mondenschein
mein Liebchen in mein Haus hinein.
Dann pfeif ich auf die Pfeife –
ich stell sie weg im Nu.
Dann wird mein Fenster finster – und
ich mach die Klappe zu.

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