Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!
Original-Vortrag. Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 376
1.
An Neugier hab’ ich nie gelitten,
drum in der Schule, Jahr für Jahr
saß ich als Letzter, unumstritten
weil ich nie wißbegierig war.
Die andern plagten sich indessen –
ich dacht’ nicht nach – kam nicht in Schweiß –
Was man nicht lernt, wird nicht vergessen,
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
2.
Von Politik will ich nichts wissen,
da weiß ich nie, woran ich bin.
Auch weiterreisen kann ich missen –
zum Nordpol flieg ich niemals hin.
Die Zone passt mir, wo ich wohne –
frag nichts nach Hitze, nichts nach Eis.
Ich bleib gemäßigt wie die Zone –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
3.
Mir macht kein Kreuzworträtsel Kummer,
wozu die Lösung voller Qual?
Die steht ja in der nächsten Nummer –
und steht sie nicht, ist’s auch egal.
Wenn ich ’nen guten Wein bestelle
frag’ ich nie vorher nach dem Preis.
Erst trink’ ich ihn – auf alle Fälle –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
4.
Wenn Leute heimlich von mir reden,
da horch' ich nie – was geht's mich an?
Die tadeln hinterm Rücken jeden –
auch meine Fehler nenn'n sie dann.
Da zieh ich's vor, mich zu entfernen –
ihr kennt die Fehler – schön, so sei's! –
Ich will sie gar nicht kennen lernen –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
5.
Ein Postenbriefe kam soeben –
bin nicht gespannt, ich lass sie zu
dann brauch ich keine Antwort geben
und auch die Post hat ihre Ruh.
Sind wohl auch Rechnung'n bei gewesen –
bleib'n uneröffnet – haufenweis', –
ich bin kein Freund vom vielen Lesen,
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
6.
Muß ich was Zweifelhaftes kauen,
verspür’ ich keinen Wissensdurst.
Ich hab’ selbst zu ’ner Wurst Vertrauen –
das, was da drin ist, ist mir – Wurst.
Mich macht kein Ragout fin beklommen
und beim Genuß des Hühnerei's,
da frag’ ich nicht, woher ’s gekommen –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
7.
Mein Freund ist Arzt, der Liebe, Gute –
wir spiel'n oft Schach bei mir zu Haus –
bloß, wenn mir nicht ganz wohl zu Mute,
dann schreib ich: „Dein Besuch fällt aus.
Wenn mal zu End mein Erdentreiben,
dann untersuch mich, ich verzeih's,
kannst auch ein Buch darüber schreiben –,“
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
8.
Die Herr’n Gelehrten, die infamen,
verwirr’n uns uns’re Köpfe bloß,
geb’n Blumen selbst latein’sche Namen –
ich lieb’ die Blumen – namenlos.
Genauso mach’ ich’s mit den Damen –
frag nicht, wenn ich sie an mich reiß’,
wohin sie geh’n, woher sie kamen –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
9.
Wie alt ’ne Frau, war nie mein Eifer,
macht’ ich mit ihr ’nen Seitensprung.
Frau’n altern nicht – sie werd’n nur reifer,
solang’ sie lieben, sind sie jung.
Ich fragte nie ’nen Herzensfalter:
„Wie ist dein Alter? Schnell! Beweis!“
Ich frug nicht mal „Wo ist dein Alter?“
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
10.
Ich traf 'ne Dame, tief verschleiert.
Ich bat: „Behalt den Schleier vor.“
Hab meine Liebe ihr beteuert
Und küsst' sie durch den Schleierflor - - -
Bin später ihr vielleicht begegent,
Sah ihr Gesicht vielleicht, wer weiß?
Ich kannt' ja bloß die andre Gegend -
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
11.
Ich hab ’ne Frau von leichtem Blute –
drum, reis’ ich mal, meld’ ich genau
die Rückfahrtszeit – auf die Minute –
und danach richt’t sich meine Frau.
Dann springt sie schon, so bald ich nah bin.
Ich komm’ nie plötzlich von der Reis’,
dann ist sie treu – solang’ ich da bin
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
12.
So schau ich mild auf alle Tücken –
drum brauch’ ich, geh’ ich einst zur Ruh',
nur noch ein Auge zuzudrücken,
das and’re drück’ ich hier schon zu.
Schlaf’ lächelnd ein auf meinem Sitze,
laß’ mich verbrennen sanft und leis’,
komm’ trotz der Hitze nicht in Hitze –
was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.