Ach Lene, du hast bemalte Beene
Original-Couplet. Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/ Danner Nr. 254
1.
’s ist aus Amerika
jetzt eine Mode da,
die alles Neue noch weit überstrahlt.
Die Balletteusen dort
sind es gewesen dort,
die sich vor’m Tanzen die Beine bemalt.
Erst fing nur eine an,
malt sich die Beine an,
dann taten’s and’re in London, Paris.
Und jetzt sind wir soweit –
jetzt gibt es hier ’ne Maid,
die ihre Beine bepinseln sich ließ.
Die Lene ist es vom Ballett,
entzückt singt das ganze Parkett:
„Ach Lene, ach Lene -
du hast bemalte Beene -
du hast so schöne Bilder drauf -
du gibst uns Bilder-Rätsel auf."
„Ach Lene, ach Lene,
wär’ ich ein Malgenie,
malt’ ich auf deine Beene
’ne Bildergalerie.“
2.
Rechts malte Liebermann
etwas, worüber man
sich sehr gefreut - es war schwungvoll, modern -
Links, da kam ferner dann
Anton von Werner dran -
der malt nach älterem Stile sehr gern.
Und für die Waden dann
hat sie geladen dann
einen ganz Jungen - der war ganz perplex.
Als er statt Leinewand
zwei schöne Beine fand,
malt’ er ein Stilleb’n und machte ’nen Klex.
Die Lene sprach: „Das ist fatal!
Herr Maler, ach mal’n Se noch mal!“
Ach Lene, ach Lene -
hast Bilder uff de Beene,
du zeigst die Bilder bis zum Knie -
die andern Bilder zeigst du nie.
Ach Lene, ach Lene,
es ist ganz wundervoll,
erst war’n de Beene reene,
jetzt sind die Beene voll!
3.
Sie will nur strahlen jetzt,
läßt oft was malen jetzt,
auf ihre Beinwand so prall und so stramm –
Hat sich dann rausgestellt -
die Bilder ausgestellt -
und ließ bewundern ihr neues Programm.
Kürzlich, da schrieb sie mir:
„’s wäre sehr lieb von Dir –
heut’ wird gemalt – stell’ zur „Malzeit" dich ein.“
Bracht’ ihrem Maler dann
zehn harte Taler an,
der hat gemalt meinen Kopf auf ihr Bein -
Dann liebt’ ’nen andern sie – o Schreck! –
Da mußt’ von die Beene ich weg.
Ach Lene, ach Lene -
was hast du uff die Beene?
Mein Bild ist weg - das fällt mir auf –
du hast ja jetzt ’nen ander’n drauf.
Ach Lene, ach Lene -
ich such’ und finde nischt –
der andre – ’s ist nicht schöne,
der hat mein Bild verwischt.
4.
Kaum läßt es schildern sich,
mit wieviel Bildern sich
unsere Lene die Beene geziert.
Stets frugen Kenner an.
Stets kamen Männer an,
die für die Bilder sich interessiert.
Dann kam zu guter Letzt
ein Mann, ein guter, jetzt,
der wußt’ von nichts – beide wurden getraut.
Da staunt’ unsäglich er,
als er ganz „negligär“
im Negligé unsere Lene geschaut.
Als er die Lene da erblickt,
da rief er vor Freuden entzückt:
„Ach Lene, ach Lene -
du hast bemalte Beene –
wenn ich jetzt mal nicht schlafen kann,
dann seh’ ich mir die Bilder an.
Ach Lene, ach Lene -
von jetzt ab, holde Fee,
bemal ich ganz alleene
dein Maler-Atelier!“