John Bull's Friedenswünsche
Potpourri von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 280
(Der Vortragende tritt in der typischen Kleidung des John Bull auf.)
Ich glaube wohl, Sie kennen mich – (sich vorstellend) John Bull –
aus Englands Gauen komme ich – John Bull –
auf 'ner Insel froh und heiter
wohnt' ich still – dacht' gar nicht weiter
an die Händel dieser Welt,
macht' nur ab und zu 'ne Reise,
hab mich in bescheidener Weise
andern Völkern vorgestellt.
Ich knüpfte manche zarte Bande –
mich liebte die Pariserin –
und auch in manchem andern Lande,
da zog's die Damen zu ihr hin.
Am meisten liebt' die Deutsche mich,
als ich das merkte, dachte ich:
„Dass du mich liebst, das weiß ich,
auf deine Lieb', da – – –“
Dass mich die Leute so gerne hab'n,
wer kann dafür, kann dafür!
Wir saßen zu friedlich beisammen
und hatten einander so lieb.
Da plötzlich (Paukenschlag) die Welt stand in Flammen – – (Paukenschlag)
nun streiten sich die Leut' herum:
Verfing zu kämpfen an?
Ich schwör's dir, liebes Publikum,
ich bin nicht Schuld daran!
Denn nur durch Neid entsteht ein Streit,
wir kennen nicht das Wörtchen „Neid“.
Dies Wort ist Deutsch – von euch erdacht,
weil ihr nur neidisch seit –
bei uns heißt „Night“ soviel wie „Nacht“ –
und in der Nacht gibt's keinen Neid! –
Allright! – – –
Ach, wie lang, ach, wie lang dauert nun schon dieser Krieg!
Könnt' ich helfen,pfiff ich gerne auf den Sieg
an der Somme, an der Somme hatten wir nicht immer Glück –
einen Schritt ging's vor und zwei ging's oft zurück.
Die Franzosen waren böse, wenn ihr freundlich schient,
und der Hindenburg hat alle Tage mehr gegrient.
O Hindenburg, o Hindenburg,
du grienst der immer netter.
Du grienst nicht nur zur Sommerzeit,
nein, auch im Winter, wenn es schneit – –
ich aber dacht': Mag's immer sein!
Ich Liebe euch trotz meiner Pein.
Ja, so wie ich euch lieb', so liebt euch keiner mehr,
lasst's mich beweisen jetzt – ich bitte sehr:
Wir haben gar nicht gern gesandt aus England die Soldaten –
und unsere Munition bekam'n wir meist aus fremden Staaten.
Wir wollten nicht zum Kampfe geh'n, –
wir hab'n nicht angefangen –
wir hätten lieber zugeseh'n –
mehr könnt ihr nicht verlangen!
Euch auszuhungern, lag uns fern,
nein, wir war'n eure Retter –
ihr Vettern war't ja viel zu fett –
war't fetter wie die Vetter.
Ihr war't bequem und kugelrund,
liest eure Bäuche hangen –
durch mich, da wurde ihr gesund –
mehr könnt ihr nicht verlangen!
Bei euren Booten unter See,
da dacht' ich voller Freude:
wenn ich sie auch mit unserer seh',
ich tu' ihn'n nichts zu leide.
Und wenn ihr mit der Flotte kam't,
bin ich schnell fortgegangen,
damit er keinen Schaden nahm't –
mehr könnt ihr nicht verlangen!
Und kam ein Zeppelin zu mir,
wollt ich ihn niemals kriegen,
ich machte London dunkel, und
ich ließ ihn ruhig fliegen.
Dann sang ich, wenn ich voll Pläsier
zum Keller reingegangen:
„Im tiefen Keller sitz' ich hier –“
mehr könnt ihr nicht verlangen!
Da könn'n Sie sehn – ganz ohne Mängel
bin ich – mein Land ward sehr verkannt.
In meinem Land gibt's lauter Engel,
daher der Name „Engelland“.
Und nun habe ich vernommen
euer Friedensangebot.
Drum bin ich hierher gekommen,
von Begeisterung durchloht.
Was ich alles hier gelesen,
was geklungen an mein Ohr,
das ist längst mein Plan gewesen,
und ihr kam't mir nur zuvor.
Hab sogar – nun gebt acht –
das Programm schon ausgedacht,
und das wird – ich bild' mir's ein –
besser als das eure sein.
Brüder, reicht mir die Hand,
führt die Bedingung'n von Engelland:
ihr müsst klein werden, wie anno dazumal,
denn die kleinen Staaten lieb' ich kolossal.
Das sieht man jetzt wieder eklatant
an Rumänien und Griechenland!
Euern Westen gebt ihr den Franzosen hin –
und den Osten krieg'n die Russen als Gewinn.
Und ich kriege eure Kolonien –
und ihr habt Platz in und um Berlin.
Eure Flotte wird sofort an uns gesandt,
und wir herrschen auf dem Meer bis Helgoland,
und wir lassen euch dafür die Spree
mit dem Wann- und dem Schlachtensee.
Euer Handel ist uns schon lang' nicht recht,
weil er gut handelt, handelt ihr sehr schlecht.
Drum gebt uns eure Industrie,
und wir nenn'n sie: Made in Germany –
unsre Kriegsschulden, die zahlt ihr alsdann,
ob's euch schwer fällt, das geht uns gar nichts an.
Uns ist's gleich, uns ist alles eins,
ob ihr Geld hat oder keins.
Und vor allem: Fort mit eurem Militär!
Rüstet's ab – oder schickt's uns übers Meer.
Wir geben euch dann gerne – Lloyd Georg'
und ihr gebt uns dafür – den Hindenborg.
Sehn Sie, das ist ein Geschäft,
das bringt noch was ein.
Ja, dies Programm wird sicher besser
als das eure sein!
Doch merkt euch: Meine Pläne,
die treten erst in Kraft,
sobald ihr selbst gestehet,
dass euer Mut erschlafft.
Merkt euch: Ihr dürft nicht siegen,
nein, ihr müsst auf dem Fleck
freiwillig unterliegen,
sonst hat es keinen Zweck.
Dann gewähre ich euch voller Güte
meinen Frieden – und alle die Gebiete,
die ihr bisher besetzt habt in manchem fremden Reich,
dürft ihr dann wieder räumen – ja, das erlaub' ich euch!
Deshalb, ihr Preußen, hört auf meine Mahnung:
nehmt meinen Vorschlag an – noch ist es Zeit –
bald ist's zu spät – ihr habt ja keine Ahnung,
wie nah' ihr auf dem Weg zum Siege seid.
Doch hütet euch vor'm Siege,
denn, wenn ich unterliege –
und das kann komm'n – dann habt ihr das Malheur,
dann ist's zu spät, dann helf' ich euch nicht mehr!