Das dank' ich dir, mein lieber guter Feind
Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/Danner Nr.274

1.
'ne Köchin sagt: „Ich kannte meinen Fritzen
sechs Jahre schon – er dachte nicht ans Frei'n.
Da kam der Krieg – nun ließ er mich nicht sitzen –
wir wurden notgetraut – man zog ihn ein.
Ich weiß genau: Wär' nicht der Krieg gekommen,
dann hätte mich der Schlingel nicht genommen.
Nun bin ich Frau – wir beide sind vereint,
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

2.
Einst sprach ich fremde Brocken – ich bekenn' es –
statt „O Verzeihung!“ sagte ich: „Pardon!“
Statt „Ballspiel“ sagt ich vornehm: „Lawn-Tennis!“
Statt „Kellner, Suppe!“ stets: „Garcon, Bouillon!“
Es gibt es kein französisch Radebrechen,
kein „englisch Spocken“, denn jetzt hör' ich sprechen
nur deutsch, soweit die deutsche Sonne scheint –
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!

3.
Ein Kaufmann sagt: „Ich sandte viele Jahre
ins Ausland meine ganze Industrie,
kam sie von draußen, kaufte man die Ware,
obwohl sie meistens „Made in Germany“.
Jetzt kann ich meine Waren schneller Spenden,
ich brauche Sie nicht erst nach dem Ausland senden
und dann zurück, damit sie besser scheint –
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

4.
Ein kleines Schulkind, noch ganz unverständig,
das ruft entzückt: „So'n Krieg ist wunderschön
kommt mal ein Sieg, dann freu'n wir uns unbändig,
dann brauchen wir nicht in die Schule gehn.
Ja, kürzlich mussten wir springen vor entzücken
der Oberlehrer mit zum Kampfe rücken
da sang die Klasse – keiner hat geweint:
„Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

5.
Ich hab' ein paar Effekten – und mitunter,
da raubten die Papiere mir die Ruh' –
Sie stiegen mal – doch meistens fiel'n sie runter –
jetzt stehn sie still – jetzt ist die Börse zu.
Nun kann getrost ich bis nach Frankreich gehen,
da, wo sie standen, bleib'n sie ruhig stehen,
ich bin zufried'ner, wie ich je gemeint,
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!

6.
Ein Land der Mann, der etwas stark verehlicht,
hat sich voll Freud' freiwillig gleich gestellt.
„Lebt wohl, mein Drachen“ sagte er beselig,
und voller Freuden rief er dann im Feld:
„Hier gibt's doch manchmal auch 'ne Kampfespause,
der Krieg ist nicht so schlimm als dir zu Hause,
wo mir die Olle oft das Fell gebräunt –
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

7.
Mit einem Russen kam ein deutscher Krieger
ins Handgemeng, er hat ihn schnell geduckt.
Doch nach dem Kampfe hat der brave Sieger
dich sehr gekratzt – es hat ihn was gejuckt.
Er sah was hüpfen – griff an seine Hose,
„Herrjeh! In Russland gibt's ja auch Franzosen?
Ja, dieses kleine Tierchen, wie mir scheint,
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

8.
Froh sagte ein Soldat vom deutschen Heere:
„Ich konnt' nach Lüttich und nach Brüssel gehn
ich sah Antwerpen, stand am blauen Meere
das hätte ich im Frieden nie gesehn
sonst wohnt ich in Berlin am End' vom Osten,
jetzt bad' ich in Ostende ohne Kosten.
So 'n Wellenbad, das macht 'nen feinen Teint ,
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“

9.
Manch Eh'mann sagt: „Einst war's 'ne teure Pille,
im Sommer wollt' mein Weib ins Ausland rein;
Paris und London, Nizza und Trouville
jetzt lern'n wir Deutschland kennen, – das ist fein
's ist mir egal, wo ich mit meiner Frau sitz',
ob an der Themse oder in der Lausitz,
'ne Auslandsreise wird jetzt streng verneint;
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!

10.
Wie schneidig unsre tapfere Marine
zur Zeit der Not, erkennen wir erst jetzt.
Im Krieg erst wurden unsre Zeppeline
und Krupp's Kanonen richtig eingeschätzt.
Und, Donner ja! Was ist aus mir geworden!
Ich ward befördert, (auf sein eisernes Kreuz deutend) kriegte einen Orden,
und mein Herr Hauptmann ist mein bester Freund –
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!

11.
Manch General, der treu dem Reiche diente,
der ward im Frieden selten nur genannt
er hoffte kaum, dass je sein Lorbeer grünte,
erst durch den Krieg ward sein Genie erkannt.
Jetzt schätz' ich erst im Westen unsre Helden
und freu mich, wenn vom Ost die Blätter melden,
das Hindenburg als Retter uns erscheint –
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!

12.
Auch unser Kaiser sagt: „Ich bin zufrieden.
Eins gab's im Reichstag mancherlei Partei'n.
Doch aller Hass und Hader schwand hienieden,
sobald es hieß: Das Vaterland befrei'n.
Mit gleichem Mute zieh'n zu Kampf und Tod sie,
der Adel und das Zentrum und der Sozi –
die große Zeit hat alle jetzt geeint,
Das dank ich dir, mein lieber guter Feind!“