's ist doch so!
Original-Couplet von Otto Reutter
Musik von Carl Wappaus
Teich/Danner Nr.262

1.
In der Hochzeit las ich heut':
an den Hochzeitstagen
sollen auch die Männer jetzt
Myrtenkränze tragen.
Aber nur, wer sittsam war,
der bestellt den Kranz fürs Haar.
's ist doch so,'s ist doch so –
leider will mir's scheinen:
viele Herzen hier im Saal,
die bestell'n sich keinen.

2.
Jetzt hielt in Amerika
Bryan, der Minister,
Vortrag in 'nem Varieté –
Vortragskünstler ist er.
Der am Tag Minister ist
abends ist er ein Artist –
's ist doch so,'s ist doch so –
der ist klug und rege –
wenn das Bethmann-Hollweg hört,
wird am mein Kollege.

3.
Viele Frauen tragen jetzt
winzigkleine Hüte.
Mancher Mann sagt nun zur Frau
voller Huld und Güte:
„Sind die Hüte jetzt so klein,
werd'n Sie doch wohl bill'ger sein.“
's ist doch so,'s ist doch so –
doch Sie sagt: „Ich meine,
für den einen großen Hut
kaufst du jetzt 2 kleine.“

4.
Viele Männer tragen jetzt
breite, weite Kragen –
ja, Sie gehen jetzt decoll'tiert
bis auf Herz und Magen.
Wenn die Dam'n sich decoll'tier'n,
das wird jeden int'ressier'n.
's ist doch so,'s ist doch so –
doch 'ne Decoll'tage
bei den Herren ist und bleibt
immer 'ne Blamage.

5.
Jetzt baut man ein neues Schiff –
Ach, du lieber Vater! –
100 Meter länger noch
als der Imperator.
Schließlich hat so'n langer Kahn
kaum noch Platz im Ozean.
's ist doch so,'s ist doch so –
so ein Schiffsgewölbe,
vorne liegt's im Ozean,
hinten in der Elbe.

6.
Drei Jahr' muss jetzt der Franzos'
dienen in Kasernen.
„Bald“, sagt er zu uns, „da sollt
ihr uns kennen lernen.“
Ja, wir würden gar zu gern
kennen lernen diese Herr'n.
's ist doch so,'s ist doch so –
wir kenn'n Sie noch nicht richtig.
Kenn'n Sie nur von Siebzig her,
da kenn'n wir Sie nur „flüchtig“.

7.
in dem frommen Bayernland
hat man sich erbosen,
denn dort trag'n die Männer nur
bis zum Knie die Hosen –
und ein bloßes Mannesknie
schafft 'ne böse Fantasie.
's ist doch so,'s ist doch so –
immer fromm und munter
rafft die Hose nicht mehr hoch,
rafft die Hose runter!

8.
England wird in Zukunft nicht
nach 'nem Seekrieg lechzen.
Englands, Deutschlands Schiffebau
geht wie zehn zu sechszehn .
England sechszehn , Deutschland zehn,
da kann uns nicht viel gescheh'n.
's ist doch so,'s ist doch so –
hab'n die Kriegespläne
und sie komm'n mit sechszehn an,
zeig'n wir Ihn'n die Zähne. (Zehne)

9.
Weinend sagt mein Junge mir:
„Mit den Balkanstaaten
sind wir geographisch ganz
durcheinand' geraten.
Was uns heut' der Lehrer lehrt,
das ist morgen umgekehrt,“
's ist doch so,'s ist doch so –
mit den Balkan-Länder –
kaum, dass man's im Kopfe hat,
muss man's wieder ändern.

10.
Mancher Metzger wird heut' Reich –
was er will, erreicht er.
So'n Pfund Fleisch von heutzutag',
das wird immer leichter.
Ach, es bringt mich oft in Wut –
Grad die Schlächter haben's gut.
's ist doch so,'s ist doch so –
ganz verkehrt auf Erden –
wenn's dir besser gehen soll,
musst du Schlächter werden.

11.
Der Türkei ward' Adria-
Nopel erst genommen,
doch der schlaue Sultan hatt'
längst zurückbekommen.
Ja, der kranke Mann genannt,
Yacht jetzt über'n Ferdinand,
's ist doch so,'s ist doch so –
er sagt: „Alter Zänker,
du nennst nicht den kranken Mann,
bist ja noch viel kränker.“

12.
Eine Haremsdame lud
ich zum Abendschmause,
die beim Türkenkrieg entfloh'n
aus des Sultans Hause.
Voller Wehmut sagte ich:
„Schad', ich bin zu alt für dich.“
's ist doch so,'s ist doch so –
doch Sie sprach beim Soupieren:
„Tröst' ich, mit dem Sultan kannst
du auch nicht konkurrieren.“

13.
Mancher Sozi sagte einst:
„Wenn wir größer werden,
keine Steuern und kein Heer
gibt es dann auf Erden.“
Jetzt gibt's Sozis rings umher,
's werd'n im Reichstag immer mehr,
's ist doch so,'s ist doch so –
's sind schon hundertelbe (hundertelfe)
mit Steuern, Militär
ist's noch ganz dasselbe.

14.
Aufs Vermögen, da wird jetzt
Zuwachs-Steuer kommen.
Was wir spar'n, wird uns zum Teil
wieder weggenommen.
Wer jetzt Geld zusammen rafft,
wird vom Staat mit Geld bestraft.
's ist doch so,'s ist doch so –
's Sparen kommt zu teuer,
besser ist's, wir sparen nichts,
dann spar'n wir uns die Steuer.

15.
Unsre Frau'n von heutzutag'
haben ihre Plage,
denn die Kleidermode heut'
wechselt alle Tage.
Darum muss ein jedes Kleid
fertig sein in schnellster Zeit.
's ist doch so,'s ist doch so –
schreckliche Methode!
Wenn sie's Kleid nicht gleich bekommt,
ist es aus der Mode.

16.
Standen einst drei schöne Frau'n
vorm gewissen Paris,
und den Apfel reichte er
einer Frau, wenn's wahr is.
Für 'nen einz'gen Apfel nur
stand'n drei Frau'n in Positur.
's ist doch so,'s ist doch so –
die hatten mal den Rappel –
unsre Frau'n, die täten 's auch,
aber nicht für'n Appel.

17.
Manuel von Portugal
nahm ein junges Weibchen,
weil er jetzt so traurig ist,
frug' sein Ehetäubchen:
„Sag', was fehlt dir, mein Gemahl?“
Er sprach: „Mir fehlt – Portugal!“
's ist doch so,'s ist doch so –
er geht jetzt spazieren,
hat die Krone auf dem Kopf
und hat nichts so regieren.

18.
Wollte man in früh'rer Zeit
mal nach Löwen jagen,
musste man in Afrika
keck sein Leben wagen.
Wenn man heute Löwen seh'n,
bracht man muss nach Leipzig gehn.
's ist doch so,'s ist doch so –
diese wilden Tiere
trifft man dort schon im Hotel,
da stehn sie vor der Türe.

19.
's Publikum ist heut' basiert.
Mancher Künstler oben
ringt und springt und müht sich ab,
keiner will in loben –
aber singt man ein Couplet,
das gefällt am Varieté.
's ist doch so,'s ist doch so –
's geht nicht nach den Leisten,
Sie seh'n's an mir: Der größte Schwindel,
der gefällt am meisten.

 

Anmerkung: - Strophe Nr. 18 bezieht sich auf die Leipziger Löwenjagd 1913