Rätsel-Couplet
Original-Vortrag von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 242
Anm.: Die Worte „Was ist das?“ werden stets gesprochen, ebenso die Antworten aus dem Zuschauerraum und die Lösungen der Rätsel die Verse werden in Parlando gebracht. Bei mehreren Rätseln werden die Noten zweimal resp. viermal gespielt (siehe jedesmaligen Vermerk)
Auftrittslied
Will nach des Tages Müh'n und Lasten
man abends mal gemütlich rasten,
vertreibt man unter Heiterkeit
mit Rätselraten sich die Zeit.
Drum sei es heute mein Bestreben,
hier ein'ge Rätsel aufzugeben.
Den, der die rechte Lösung kennt,
den bitt' ich, dass er sie nicht nennt.
1.
Was ist das?
Ein Riesen-Komplex mit sehr viel Gewächs,
mit Blumen und Früchten und andern Geschichten.
Mit Äpfeln und Birnen in jeder Facon –
am üppigsten prangt er zur Sommersaison.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) das ist ein Obstgarten
(gesprochen) Nein, das ist ein Damenhut
'n Komplex mit Gewächs, mehr groß als wie schön,
die Herr'n seh'n nichts, wenn dahinter sie stehen –
die Frau, wenn sie'n auf hat, kann selber nichts seh'n.
2.
Was ist das?
Es blühet verborgen im stillen Haag,
wird immer bescheid'ner von Tag zu Tag.
Bald geht es zu Grunde, weil'´s niemand sieht,
Dieweil es im Haag im Verborgenen blüht.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Ein Veilchen.
(Gesprochen) Nein, das ist das Schiedsgericht in Holland.
Es blühet bescheiden, weil's niemand mag.
Die Völker bekriegen sich Schlag auf Schlag
und lassen 's verkümmern in Holland – im Haag.
3.
Was ist das?
Sie ist wie 'n Orakel, macht immer Spektakel,
sie schlägt alle Stunde, sie geht in der Runde –
man hat seinen Ärger, sobald sie mal steht,
man hat seine Freude daran, wenn Sie geht.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Eine Uhr.
(Gesprochen) Nein, meine Frau.
Orakel, Spektakel, sie schlägt früh und spät.
Man hat seinen Ärger, wenn sie vor einem steht.
Man hat seine Freude daran, wenn Sie geht.
4.
Was ist das?
Seitdem wir es haben, gibt's mehr Zank und Streit,
mehr Unfrieden als wie in früherer Zeit.
Drum mag es verschwinden, weil's keinem gefällt,
es ist das unnötigste Ding auf der Welt.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Eine Schwiegermutter.
(Gesprochen) Sie sind wohl verheiratet? Das ist der Dreibund.
Denn das ist ein Bund, der die Treue nicht hält.
Drum mag er verschwind'n, weil er keinem gefällt.
Er ist das unnötigste Ding auf der Welt.
5.
Was ist das? Ich bitte ausdrücklich, keine unpassenden Antworten zu geben.
Wer jetzt etwas Falsches errät, ist ein Tropf.
Was ist das für'n Ding? 's sieht aus wie ein Topf.
Man find't es an einem verborgenen Ort,
man nimmt ein Papier – wirft es rein – und geht fort.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum) Das kann ich nicht sagen.
(Gesprochen) Warum nicht? Das ist eine Wahlurne.
Die Stimmen der Wähler, die werd'n dort gezählt,
und wenn der nicht siegt, den du auserwählt,
dann hast du dich leider umsonst gequält.
6.
Was ist das?
Er ist ein Beamter, der gut aufpassen muss.
Wo Menschen sich ansammeln, kommt er – zum Schluss.
Er trägt Uniform, er kommt keinem zu nah,
und wenn er mal nötig ist, ist er nicht da.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Das ist ein Schutzmann.
(Gesprochen) Sie sind wohl nicht recht gescheit? Das ist ein Pariser Museumsbeamter.
Wenn der nicht gut aufpasst, dann hat's keinen Zweck.
Der Mann, der steht meistens am unrechten Fleck;
denn wenn er mal kommt, sind die Bilder schon weg.
7.
Was ist das?
Nichts Gutes, nichts Schlecht's – mal neigt er nach rechts,
dann wiederum ging's – ein wenig nach links.
Im Laufe des Gefechts – geht's wieder nach rechts,
dann wieder nach links – was ist das für'n Dings?
(Zuruf aus dem Zuschauer:) Ein Schaukelstuhl.
(Gesprochen) Nein, das ist ein Nationalliberaler.
Im Lauf des Gefechts, dann neigt er nach rechts,
dann wiederum ging's – ein wenig nach links,
dann wieder nach rechts – ein komisches Dings.
8.
Was ist das?
Man sagt, es ist fertig bei Tag und bei Nacht,
und 's wird trotzdem alle Tage gemacht.
Man nimmt sehr viel Federn dazu allerwegen
und man hat es gemacht, um sich rein zu legen.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Ein Bett.
(Gesprochen) Nein, das ist das Marokko-Abkommen.
Es hieß, es ist fertig bei Tag und bei Nacht,
und es wurde trotzdem alle Tage gemacht,
man nahm sehr viel Federn (Pantomime des Schreibens) dazu allerwegen
und man hat es gemacht, um sich rein zu legen.
9.
Was ist das?
Ein großes Terrain mit Mauern ringsum,
man hört oft ein Brüllen, ein lautes Gebrumm,
man sieht dort Geschöpfe ganz sonderbar,
'n Büffel, Rhinozeros, Dromedar.
'n Kamel und ein Esel komm'n anspaziert –
werd'n alle in Freiheit dort vorgeführt.
Die Aufsicht ist streng, die Plage ist groß.
Sie woll'n öfter entwischen, man lässt sie nicht los.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Ein zoologischer Garten.
(Gesprochen) Nein, das ist ein Kasernenhof.
Da wird öfter gebrüllt – und man nennt die Schar
oft Büffel, Rhinozeros, Dromedar,
und gehn Sie mal aus der Kaserne raus,
dann werd'n wieder richtige Menschen draus.
10.
Was ist das?
Eine Frau, die kann ohne mich gar nicht sein.
Ich muss er oft Anseh'n und Kraft verleih'n.
Und hat auch die Frau schon graues Haar,
ich halte sie aufrecht immerdar.
Sie wandert den ganzen Tag mit mir,
oft mache ich große Schmerzen ihr.
Sobald Sie mich los ist – ich wette drauf,
dann atmet die Frau erleichtert auf.
Aber auf Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Das ist der Mann.
(Gesprochen) Nein, das ist das Korsett.
So manche Frau hat schon graues Haar,
dann hält sie es aufrecht immerdar.
Und ist sie es los – ich wette drauf,
dann atmet die Frau erleichtert auf.
11.
Was ist das?
Er ist nicht so schön, wie der vorige war.
Den vorigen hatten wir manches Jahr
der jetzige ist länger als wie der,
aber nicht weniger und nicht mehr.
Am jetzigen wickelt das Publikum,
seitdem wir ihn haben, oft herum.
Man ist trotzdem froh, wenn man ihn behält.
Wer weiß, ob der nächste uns besser gefällt.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Der Reichskanzler.
(Gesprochen) Sie sind wohl wahnsinnig? Das ist ein neuer Hundertmarkschein.
Der vorige war schöner, doch auch nicht mehr,
der jetzige ist länger, das schmerzt uns sehr.
Man drückt ihn trotzdem nicht gerne raus.
Vielleicht sieht der nächste noch scheußlicher aus.
12.
Was ist das?
Jetzt kommt ein Rätsel, wer fällt darauf rein?
Es scheint eine Fußbekleidung zu sein.
Ist etwas zerrissen und sehr zerfetzt,
drum wird jetzt ein neues Stück angesetzt.
Nun muss man das neue Stück sich holen,
dann muss man es gerben – man muss es versohlen –
dann braucht man noch 'ne große Büchse
mit etwas Fett und sehr viel Wichse.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Ein alter Stiefel.
(Gesprochen) Nein, das ist Italien.
Gewiss ist's Italien, – nehm'n Sie's nicht übel
Italien hat doch die Form von 'nem – Stiebel –
's ist etwas zerrissen und sehr zerfetzt,
drum wird jetzt ein neues Stück – angesetzt.
Aber – Sie müssen das neue Stück erst holen,
da müsst' man es gerben – müsst' sie versohlen –
dazu gehört nichts wie 'ne gute Büchse (Pantomime des schießens).
Dann hab'n Sie Ihr Fett und dann krieg'n sie die Wichse.
13.
Was ist das?
Es ist ein Gebäude von seltener Pracht.
Im Sommer da wird es oft zu gemacht.
Im Herbst ist Eröffnung – und ringsherum
sitzt alle Tage das Publikum.
Und alles schaut hin auf eine Schar,
die wird dort und spricht – gegen Honorar.
Und jeder einzelne von den vielen
möcht gerne die erste Rolle spielen.
's ist voll und auch leer an diesem Ort,
es gibt sogar Humoristen dort.
Es wird gelacht und auch applaudiert
und oft Komödie aufgeführt.
Wer löst nun dieses Rätsel hier?
Es scheint ein leichtes Rätsel mir.
Drum wenn sich einer daran stößt,
dann wird dieses Rätsel aufgelöst.
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Das ist ein Theater.
(Gesprochen) Meinen Sie wirklich?
(Zuruf aus dem Zuschauerraum:) Das ist der Reichstag.
(Gesprochen) Sehr richtig!
Sie haben sehr recht – im Reichstagshaus,
da sieht es oft wie im Theater aus,
mal kommen wenig – mal kommen viel,
es gibt Honorar – Komödie-Spiel.
Ich sagte, ein Rätsel nenn' ich hier.
Der Reichstag scheint ein Rätsel mir.
Und wenn einer sich an dem Rätsel stößt,
dann wird's – von neuem – „aufgelöst“.