Nicht so laut!
Original-Couplet, Text und Musik von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 206

Anmerkungen für den Vortragenden:
Wird das Couplet mit Orchesterbegleitung vorgetragen, so lasse man in der Strophe 1 bei den Worten "tut, tut" ein Geräusch, ähnlich wie eine Automobilhupe, durch die dazu passenden Orchesterinstrumente ertönen. Bei Strophe 2 bläst während des Wortes "tatarata" der Trompeter einen recht hohen, schrillen Ton. Bei Strophe 4 wird während der Worte "Tsching, Tscheng" ein klingendes Scherbengeräusch markiert. Bei Strophe 5 wird bei den Worten "Bum, bum - schrumm, schrumm" ein Kanonendonner imitiert. Bei Strophe 6 werden die Worte "Pst,Pst" nicht vom vortragenden gesprochen, sondern die Orchestermitglieder rufen sie ihm zu. In der Strophe 5 macht den vortragende nach den Worten "dann die Tat" eine Pause und beschließt erst dann den Vers mit dem Wort "eventuell".


1. Auf den Straßen heutzutage das Getös
macht nervös.
Darum ruft empört der Antilärmverein:
„’s darf nicht sein!“
Dies Geratter, dies Geknatter, dies Geknall überall,
Namentlich die Aut’mobile machen einen Mordskrawall.
Wie das tönt – tut tut,
wie das dröhnt – (tut tut),
fährt so’n Parvenu an mir vorbei, da ruf’ ich voller Wut:
„Du fährst auch noch vierter Klasse, hör’ doch auf mit dem Getut!“
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut mußte sein,
Dein Benzin macht dich bemerkbar, also brauchste nicht zu schrei’n!
Nicht so laut, nicht so laut, ein Trost bleibt dir immer noch:
Wenn die Leut’ dich auch nicht hören – riechen tun sie dich ja doch!“

2. Ach ich habe die Musik, die zu modern
gar nicht gern.
Namentlich vom Richard Strauss die „Salome“
tut mir weh.
Fünfzig Geigen, zehn Trompeten und acht Pauken hab’n zu tun,
laßt doch schweigen alle Flöten, laßt die Trommelstöcke ruh’n!
Wie das klingt – la la,
wie das dringt – tatarata!
Lieber Strauss, ich halt’ s nicht aus, das ist zuviel für mein’n Bedarf.
Spiel doch leise auf der Laute, stimm’ die Harfe nicht zu scharf!
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut mußte sein,
sei doch so zart wie der Mozart, wie der Bach so klar und rein!
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut, geliebter Strauss,
sonst bleibt bloß die Musik sitzen und die Leite loofen raus.

3. Kürzlich hab’ ich eine junge Maid geseh’n,
die war schön.
Ach, ich war bei ihr im Zimmer ganz allein –
das war fein!
„Die Gelegenheit ist günstig!“ denk’ ich und ich fasse Mut,
will ihr schnell ein Küßchen geben, doch da kommt die Maid in Wut.
Wie sie schilt „Nein! Nein!“,
wie sie brüllt „Nein! Nein!“.
Schließlich schreit sie laut „Mama“ und da sag’ ich vorwurfsvoll:
„Daß die Mädchen schrei’n, das weiß ich, aber schrei doch nicht so doll!
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut mußte sein,
schließlich hört das deine Mutter und dann kommt sie zu uns rein!
Nicht so laut, nicht so laut!“, doch da rief sie lachend aus:
„Laß mich doch schrei’n, geliebter Otto – Mutter ist ja nicht zuhaus!“

4. Mein Freund Lehmann hatte jüngst ’nen Affen weg,
welch ein Schreck!
Ja, wir haben ihn dann sacht nach Haus gebracht
in der Nacht.
Seine Alte war noch munter und sie schimpfte kolossal,
alles warf sie durcheinander, ach es war ein Mordsskandal.
Wie das kracht – kling kling
in der Nacht – tsching tsching!
Draußen rufen seine Freunde: „Sag mal Fritze, lebste noch?“
und er sagt zu seiner Alten: „Hulda, mäßige dich doch!
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut mußte sein,
Draußen stehen meine Freunde, hörste nicht, wie die sich freu’n?
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut, geliebte Frau!
Hau mir lieber eine runter, aber mach nicht so’n Radau!“

5. Ach ich glaube, alle Deutschen, die man schaut
sind zu laut,
denn wir reden immer von der Leber weg
ohne Zweck.
Eh’ ein Luftballon mal hochgeht, ist bei uns der Jubel groß,
eh’ wir mal ’ne Schlacht gewinnen feiern wir schon frisch drauflos.
Wie das knallt – tsching bum,
wie das schallt – tsching bum,
Ja, wenn wir den Frieden feiern, lassen wir Kanonen knall’n –
manchem Deutschen möcht’ ich sagen: „Bitte tu’ uns den Gefall’n!
Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut mußte sein,
nicht so früh, nicht so früh, nicht so frühe mußte schrei’n!“
Nicht so laut, nicht so laut, ja bei uns geht alles schnell,
erst kommt stets ’ne große Feier und dann die Tat - eventuell.

6. Doch in manchen Punkten sind wir, wie man weiß,
viel zu leis,
denn das Reden wäre manchmal sehr riskant –
halt’n Rand!
Mancherlei passiert in Deutschland, manches Thema hätten wir,
doch man darf nicht alles sagen, drum bitt’ ich Sie alle hier:
Geb’n Se acht – still, still,
immer sacht – still still!
Auch ich darf nicht alles singen, die Gefahr, die ist enorm,
sing’ ich hier ein Wort zuviel, dann sagt ’n Mann in Uniform:
„Nicht so laut, nicht so laut, nicht so laut darfste sein,
denken kannste, was de willst, aber denk’s für dich allein!
Nicht so laut, nicht so laut, willste ’n guter Deutscher sein,
rückste deine Steuern raus und ’n Ärger schluckste rein!“

 

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Nicht zu laut!

Es gibt jetzt Leute jeden Falles,
die jubelnd durch die Straßen schrei'n -
Singen zehnmal: Deutschland über alles
und zwanzigmal: Die Wacht am Rhein.
Glaubt nicht, daß ich euch unbescheiden
deshalb 'n Vorwurf machen will,
jedoch ich mein': die reinsten Freuden
trägt man im Herzen tief und still.
Und dann bedenk: euer Trubel
verletzt so manchen -- dämpft den Jubel!
In manches Herz zog Trauer ein
und euer Lachen macht ihm Pein.
Nicht zu laut - nicht zu laut -
denn so mancher in heutiger Zeit -
nicht zu laut - nicht zu laut -
trägt im innern verborgnes Leid.
euer Singen und Lachen und Scherzen
kränkt so manchen, der - Kummer im Herzen -
auf den Morgen, den kommenden, schaut.
Nicht zu laut - nicht zu laut.

Ihr sitzt daheim beim vollen Glase
und leert's zum wohle der Armee.
Ein Sieg versetzt euch in Ekstase,
ihr scherzt und lacht und ruft: juchhe!
Indes marschieren die Soldaten,
Entbehrung duldend, durch den Sand,
verrichten schweigend Heldentaten,
und schirmen euer Haus und Land.
Deshalb: kein lautes Lachen töne,
eh' nicht zurück die Heldensöhne.
Den braven Kriegern sei geweiht
ein stilles Glas aus Dankbarkeit.
Nicht zu laut - nicht zu laut -
denkt, gra' jetzt, wo ihr jubelt und lacht -
nicht zu laut - nicht zu laut -
fiel ein Krieger vielleicht in der Schlacht.
Und er liegt bei zerschossenem Pferde,
einsam sterbend, auf feindlicher Erde
und nimmt Abschied von Mutter und Braut,
nicht zu laut - nicht zu laut!

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