Man muss sich bloß erst dran gewöhnen
Original-Vortrag. Text und Melodie von Otto Reutter
Teil/Danner Nr. 364
1.
Es schimpfen auf die schlechten Zeiten
die JUNGEN, wenn's am Geld gebricht.
Sie möchten höh'ren Lohn erstreiten,
Ein ALTER, der beklagt sich nicht.
Was fragt denn der nach höh'ren Löhnen?
Im Alter braucht stets wen'ger er -
man muß sich bloß erst dran gewöhnen,
dann braucht man schließlich gar nichts mehr.
2.
Ein Boxer schwamm in seinen Blute,
verkorkste heut' zum ersten Mal.
Ich frug : „Wie ist der denn zu Mute?“
Er sagte stolz: „Ganz kolossal!
Erst schmerzt es, wenn die Schläge dröhnen,
doch das ist nur am ersten Tag,
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann freut man sich auf jeden Schlag.“
3.
Zwei Schwerverbrecher war'n gefangen.
Nun sagte eine Bösewicht:
„Um meinen Kopf, der ist mir bangen,
ich glaub das überleb' ich nicht.“
Der andere sagt: „Mach keine Szenen
und fürcht' dich nicht vor solcher Qual
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
der Schmerz ist nur das erstes Mal.“
4.
Helene kennt nur ein Bestreben:
geküsst liebt, ist stets bei Herr'n.
Ist nie allein – sie schwärmt für's Leben,
vom Sterben redet sie nicht gern.
„Warum nicht?“ sagt ich zu Helenen,
„Der Tod kann gar nicht schrecklich sein –
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann schläft man gerne mal allein!“
5.
'ne Kindtauff wurde jüngst gefeiert,
doch Papa Meier ärgert sich.
Er denkt betrügt: „Ich bin gemeiert,
das Kind sieht anders aus, als ich.“
Sie aber sagt: „Du brauchst nich weenen,
fehlt ooch Kind die Ähnlichkeit,
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann wird's ooch ähnlich mit der Zeit.“
6.
'ne Tänz'rin, die man erst dreiviertel-,
dann HALB-NACKT angezogen sah,
trug schließlich Röckchen nur und Gürtel
und stand im LETZTEN Viertel da.
ließ dann, um den Effekt zu krönen,
das Röckchen noch vom Viertel weg.
Man muß sich bloß erst dran gewöhnen,
dann läßt sie auch den Gürtel weg.
7.
Herr Schmidt, der schnell emporgekommen,
in einem Weinlokale saß,
wo er, nachdem der Sekt geschwommen,
zum ersten Male Austern aß.
„Wie schmeckt's denn?“ Hat man ihn verhöhnen –
„Ganz ausgezeichnet!“ sagt Herr Schmidt.
„Man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann frisst man auch die Schale mit.“
8.
Ein Mädchen, das stets Freude hatte
an Männer, kräftig, stramm und groß,
zeigt mir 'nen Mann: „Das ist mein Gatte.“ –
Der Mann war klein, ein Meter bloß.
Ich frug: „Was tust du mit so'm Kleenen!“
Sie sagt: „Der Kleene is een Aas –
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann macht so'n Zwerg 'nen Riesen-Spaß.“
9.
Zu seinem Freunde sagt Herr Lehmann:
„Sie mir's nicht krumm, ich muss gesteh'n:
du bist ein junger, fescher Eh'mann,
doch deine Frau ist nicht sehr schön.“
Er sagt: „Was hab ich von 'ner schönen?
Ich hab 'ne liebe, treue Frau, –
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
bei Nacht sind alle Katzen grau.“
10.
Frau Schulz wollt' gern ein Kindlein haben –
zehn Ehejahre war'n vorbei,
da bracht' der Storch den ersten Knaben,
im nächsten Jahre kamen zwei.
Dann ward sie Mutter von drei Söhnen
„Na, seh'n sie.“ sagt der Doktor ihr,
„Man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
im nächsten Jahr, da krieg'n sie vier.“
11.
Was gab es schon für Gassenhauer!
"Bananenlied", "Valencia".
Dann klang, o Schauer! - lange Dauer!
nur "Heidelberg" von fern und nah.
Erst möchte man so'n Lied verpönen,
doch folgt es uns auf Schritt und Tritt,
man muß sich bloß erst dran gewöhnen,
dann brüllt man's schließlich selber mit.
12.
Vor kurzem, in der Luft ganz munter,
gab's eine Hochzeit – or'ginell!
Dann flog das Pärchen wieder unter –
das überbieten andre schnell.
Um ihre Fahrten auszudehnen,
werd'n die so schnell nicht wiederkomm'n, –
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann wird sie oben – „nieder“-komm'n.
13.
Die Autos werden immer feiner,
ganz kleine gibt's - zu unserm Heil.
Die Sitzgelegenheit ist kleiner
als - der bewußte Körperteil.
Man quetscht sich zwischen beide Lehnen –
und will man wieder raus alsdann -
man muß sich bloß erst dran gewöhnen,
dann klebt das Auto hinten dran.
14.
Jetzt komm'n auch Frau'n als Polizisten,
die bring'n die Männer schnell in Haft.
Wir lassen gern uns überlisten
und wehr'n uns nicht mit voller Kraft.
Solch schönen lockenden Sirenen
gehorcht der Mann doch unbedingt
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann folgt man gerne, wenn sie winkt.
15.
Zum Postdirektor sagt' ich neulich:
„Bald schreibt man keine Briefe mehr -
das hohe Porto ist abscheulich,
die Leute stöhnen alle sehr."
Er aber sagte: „Laß sie stöhnen,
ist's hohe Porto auch nicht schön,
man muß sie bloß erst dran gewöhnen,
dann - kann man's wieder mal erhöh'n!"
16.
Es sagt ein Deutscher zum Franzosen:
„Wollt ihr denn gar nicht fort vom Rhein?“
Der sagt: „Ihr müsst euch nicht erbosen,
wir woll'n euch nahe Freunde sein,
woll'n euer Rheinland nur verschönen –
wünscht man auch die Besatzung fern,
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
dann hat man sie – zum Fressen gern.“
17.
Aus allen Ländern die Minister
sieht man sehr oft im schönen Genf,
zieh'n stets die nämlichen Register
und jeder gibt den gleichen Senf –
erst wollen sie sich nicht versöhnen –
sie lobten Genf nicht allzusehr – –
man muß sich bloß erst dran gewöhnen,
dann fährt man immer hin und her.
18.
Wenn ich betrete hier die Bretter
denkt mancher sich: „Was will denn der?
Caruso lang bedeutend netter.“ –
Heut' sing'n ich netter als wie er.
Was sag'n sie bloß zu meinen Tönen?
Komm'n sie auch manchen grässlich vor,
man muss sich bloß erst dran gewöhnen,
enthält mich jeder für'n Tenor.