Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
Original-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 330
Der Vortragende tritt als ängstlicher, zaghafter Ehemann auf, singt alles recht weinerlich und schluchz! manchmal in ein großes, rotes Taschentuch hinein.
1.
Ich bin ein Mann — das kann ein jeder sehen,
ich habe Kraft — verlassen Sie sich drauf —
und sollt* heut' abend hier ein Streit entstehen,
da nehme ich s bestimmt mit jedem auf.
Da geh' ich ran — da furcht* ich kein n Krakeeler
Sic solIn mal sehen, wie ich den verhau' —
ich bin nicht schwach — ich hab' bloß einen Fehler:
(Beim Kehrreim immer laut schluchzend:)
Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau!
2.
Das ist ne Frau, die niemals ich bezwinge —
sie spricht nicht viel — ihr Blick sagt umso mehr —
wenn die mal zum Zoolog sehen Garten ginge,
da bändigt sie die Viecher samt Dresseur. —
Der stärkste Löwe fällt dann in Hypnose —
sie ist sehr lang, von schmächt "gem Körperbau —
guckt sie mich an, plumpst's Herz mir in die Hose.
Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
3.
Ich lernt' sie kennen in nem Ball-Lokale. —
Ich wollt" sie nicht — sie aber sah mich an.
als wollt sie sagen ein für allemale:
..Du m u ß t!" — Ich war der reine Mustermann.
Am Standesamt noch wollte .»nein" ich sagen —
da traf ihr Blick mich streng und scharf und rauh —
da sagt* ich ..ja mit Zittern und mit Zagen —
ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
4.
Nun bin zu Hause ich in schweren Nöten,
geh' leise auf den Zehen hin und her —
ich trau' mich nicht, energisch „aufzutreten** —
ich habe keinen freien Willen mehr.
Ich frag* sie immer, eh' ich aus dem Haus tret',
ob ich auch darf — sonst bleib* ich drin im Bau —
ich frag' selbst um Erlaubnis, wenn ich a u s t r e t' —
ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
5.
Sie kocht — man kann nicht sagen, daß sie gut kocht.
Sie weiß nie, was es wird — ich halte still.
Sag' ich "nen Ton, kommt's vor, daß sie vor Wut kocht —
dann kocht sie immer das, was ich nicht will.
..Koch' keine Fische", hab* ich oft gebeten —
nun gibt's dreimal die Woche Kabeljau. —
Ich fress' sie auf — ich fress' sogar die Gräten —
ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
6.
Mein schönes Wirtshausleben ist erloschen —
ich darf nicht raus — die Schlüssel sind bei ihr —
sie hat das Geld, erlaubt mir nicht neu Groschen.
Bloß Geld verdienen, das erlaubt sie mir.
Wenn ich sie seh', schleich' ich von dannen immer -
sogar am Abend drücke ich mich schlau. —
Ich schlaf' auch nicht mit ihr in einem Zimmer. —
Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
7.
Wir hab 'n kein Kind — das stimmt sie manchmal traurig
und strenge sagt sie mir: „Du bist kein Mann!
Komm', küsse mich! — Auf deine Liebe lau'r ich."
Sie schaut mich an — da trau' ich mich nicht ran.
Ich stehe an der Tür wie n armer Sünder -
'ne Schande ist's, daß ich mich nicht getrau" —
wir bleib' n allein — wir kriegen keine Kinder. —
(Laut schluchzend)
Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
8.
Ist sie verreist, dann kann ich freier schalten —
dann nehm' *ne andre ich ins Kämmerlein —
doch an der Wand hängt's Bild von meiner Alten
mit einem Blick — der geht durch .Mark und Bein.
Drum, eh' ich knüpfe andre Liebesbande.
dreh' ich sie rum, daß sie mich nicht beschaut
guckt sie mich an, bin ich zu nichts imstande.
Ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
9.
So leb' ich nun in stetem Angstgewimmel -
doch sollt' sie früher sterben als wie ich.
dann leb' ich auf — bloß, komm' ich einst zum Himmel.
dann drückt von neuem eine Sorge mich.
Da frage ich den Petrus schon von außen:
„Ist meine Frau drin? — Suche ganz genau —
und ist sie drin, dann laß mich lieber draußen — -
ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.
Anmerkung: Wo die Situation" es zuläßt, kann dar folgende, sehr wirkungsvolle Da Capo-Vers beim Wiederherauskommen gesungen werden. Es erhöht die Wirkung, wenn sich die Frau des Vortragenden bei den Worten „trifft mich ihr Blick" drohend von ihrem Sitze erhebt
Da capo:
Ich danke — Ihr Applaus macht mir Vergnügen —
Sie wundern sich, daß ich gekommen bin?
Ich bin zum Fenster heimlich rausgestiegen —
zu dem Verein (in dies Lokal) da mußt' ich heute hin.
Doch nun ist Schluß — ich gehe, denn ich glaube,
Sie kam mir nach, (blickt in den Zuschauerraum) wenn ich nach unten schau.
trifft mich ihr Blick — ich mach mich aus dem Staube
ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.