Allerlei Liebeserklärungen

In allen Zonen, wo Menschen wohnen,
singt von der Liebe man ein ander Lied.
Ich will`s riskieren, dies zu markieren,
damit ein jeder gleich den Unterschied ersieht.

So zum Beispiel die Franzosen sind im Kosen ganz parfait,
Lieben alle en detail und im engros wie Boulanger;
Schwören jeder:“Mademoiselle, meine erste  Lieb` sind sie!
O mon coeur, o mon dieu, ich bin perdu!“
In China Küssen,- das müßt ihr wissen -  
Sich die Verliebten gar nicht auf den Mund!
„Sching Schang, Schibibdich,“ das heißt „ich lieb dich,“
Und dabei reiben`s sich die Nasenspitzen wund.

Leutnant von Windig liebt äußerst sindig,
er geht zu seinem Bräutchen voller Lust.
Gleich beim Dinieren und beim Soupieren
schlägt er voll Feuer sich auf die wattierte Brust.
Er sagt: “Das Essen ist vergessen, seh‘  ich Sie, mein holdes Kind;
dürft` ich naschen und erhaschen einen einz` gen Kuß geschwind!
Solch ein Kuß ist ein Genuß, der schmeckt mir besser als das Mal,
wirklich stilvoll, schneidig und pyramidal!“ -
Sein Bursche Fritze macht nicht viel Witze,
er geht zur Köchin von dem Fräulein `rauf,
gibt seinem Schätzchen erst ein paar Schmätzchen,
und was der Leutnant übrig ließ, das ißt er auf.

Der Italiener macht`s noch viel schöner,
entfacht ein Mädchen seine Liebesglut,
möcht`s voll verlangen er gleich umfangen,
so wild, so stürmisch, so begehrlich rollt sein Blut.
„O wie klopfio Herzio mio so fortissimo für dich,
mia cara bella donna, auf der Stelle liebe mich!“
Sagt sie „nio“ ruft er „vio“ zu, zieht den Dolch in wildem Sinn,
sticht sie ab und geht zu einer anderen hin.
Im Zululande – „S` ist eine Schande –
da stehlen` s sich die Frau in schnellem Lauf,
dann essen beide zu ihrer Freude
als Hochzeitsfutter gleich die Schwiegermutter auf.

Der Urberliner ist gleich viel kühner,
der macht es nicht, wie die gelehrten Herr‘ n.
Er sagt: „Aujuste, mir lieben mußte,
du holdes Aug, du süßer Stern, ick hab dir gern.“
Sie sagt gleich: “Fritze, lass die Witze, denn du weißt, ick liebe dir.“
Er kauft voller Freud ihr gleich ein Kleid mit großem kü dafür.
Gibt `nen Kuß ihr dann, sie gibt ihn wieder, daß es man so knallt,
dann geh‘ n sie Kaffee kochen in den Grunewald.
Geh‘ n die Moneten dabei auch flöten,
da kooft sich der Berliner nicht dafür.
Zwei Wochen später zur Hochzeit geht er,
und bald darauf kommt schon die Scheidung – so sind wir!

Auch „unsre Leute“ sind nicht von heute,
die lieben alle mit Verstand und Glück.
Vor allen Dingen muß Geld sie bringen,
ist sie auch häßlich wie die Nacht mit steifem G` nick.
„Ach, kosch` res Schicksel, schönste Kalle“, ruft er aus in seiner Freud,
sieht von Rebeckchen nicht das Päckchen und das Eckchen auf der Seit`.
Er schwört: „Warhaft` gen Gott, du bist mein ein und alles auf der Welt“,
er schaut sein Schicksel an und denkt bloß an das Geld. –
Er küßt voll Feuer Rebeckchen Maier,
doch wenn der Schwiegervater pleite macht,
dann ist es alle mit seiner Kalle.
Gerechter Gott! O waih geschriehen, - dann hat‘s gekracht!