Ja, die Natur, die lässt sich nichts befehlen!

Original-Couplet von Otto Reutter

1.
Ach, die Natur, die lässt sich nichts befehlen –
sie tut stets das, was sie nicht lassen kann!
Den Menschen nützt es nichts, sich abzuquälen –
als Beispiel führe ich mich selber an.
Schauen Sie mich an – ich wart' nun schon so lange
auf einen wunderschönen schneid'gen Bart –
doch ewig kahl sind Lippe, Kinn und Wangen –
Ach, ich probiert's mit Mitteln aller Art.
Doch die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Mir wächst kein Haar, es ist der reine Hohn!
Das ich rasieren mich: in den meisten Fällen
verlangt der Kerl nen Groschen Finderlohn!

(Anm.: falls der vortragende einen Bart hat, so lautet der 1. Vers folgendermaßen:)

Ach, die Natur, die lässt sich nichts befehlen –
sie tut stets das, was sie nicht lassen kann!
Den Menschen nützt es nichts, sich abzuquälen –
wie man an manchen Beispiel sehen kann.
Manch junger Mann zum Beispiel wartet lange
auf einen wunderschönen, schneid'gen Bart.
Doch ewig kahl sind Lippen, Kinn und Wangen –
Ach, er probiert's mit Mitteln aller Art.
Doch die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Ihm wächst kein Haar – es ist der reine Hohn! –
Lässt er rasieren sich: in den meisten Fällen
verlangt der Kerl nen Groschen Finderlohn!

2.
ne alte Dame in gewissen Jahren,
die putzt sich Ihre Zähne mit Odol.
Sie hat Kosmin in ihren grauen Haaren
und ihre Wangen schminkt sie mit Javol.
Doch trotzdem schaut sie mit enttäuschter Miene
in ihren Spiegel und dann seufzt sie schwer:
„Kein neues Leben blüht aus der Ruine!
Schön ist die Jugend, doch sie kommt nicht mehr!“
Ja, die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Der alten Dame wurde schließlich klar:
es nützt ihr nichts, sich dabei ab zu quälen –
man merkt, dass sie frisch gestrichen war!

3.
Der Schah von Persien zog nach langer Reise
mal endlich wieder in die Heimat ein.
Das Volk begrüßte ihn in stürm'scher Weise –
„Heil unserem Schah!“, so riefen gross und klein.
Es war im Mai – um Himmel schien die Sonne –
zu seinem Volk sprach würdevoll der Schah:
„Schaut auf zum Himmel – er schwimmt auch in Wonne –
die Sonne scheint, denn ich bin wieder da!“
Doch die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Geliebter Schah, dein Können ist nicht gross!
„Die Sonne scheint,“ rief es aus tausend Kehlen –
da brach ein Riesendonnerwetter los!

4.
Bei meinem Freund, dem Schneidermeister Krause,
da war ich neulich mal zum Kind-Taufschmaus.
Wir waren froh – wir tranken ohne Pause –
das meiste Bier trank Krause selber aus.
Als nun die Abendzeit herangebrochen
und man vergnügt beim Abendessen war,
da hätte Krause gern nen Toast gesprochen –
doch von dem Bier war ihm der Kopf nicht klar. –
Und die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Es war nur wenig, was Herr Krause sprach!
's gelang ihm nicht, noch weiter zu erzählen,
weil er sich selbst beim Vortrag unterbrach.

5.
ein junger Vater hat sein 1. Söhnchen
auf seinem Schoß – die Mutter war nicht da –
der Kleine sitzt dort grad, wie auf nem Thrönchen.
Auf einmal schreit erhältlich nach Mama!
Der arme Vater denkt betrügt: was tue ich?
Er weiß ja gar nicht, was der Kleine will!
Zum Jungen sagt er: „Engel, seid doch ruhig!“
Der aber schreit und wird nicht wieder still!
Ja, die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Der Kleine schreit – auf einmal ward ihm leicht –
er lächelt hold – hört auf mit dem Kargkehlen,
der Vater aber sagt: „Es ist erreicht!“

6.
Mariechen war die schönste Maid im Städtchen –
nur ihren Fritz liebt sie aus Herzensgrund.
Jedoch die Mutter von dem holden Mädchen,
die wollt nichts wissen von dem Liebesbund
doch trotzdem liebten sich die beiden Leute –
sie waren manchmal beide ganz allein.
Da, eines Tages – ich glaube, es war heute –
da sprach betrügt die Mutter zu den Zwei'n:
„Ach, die Natur, die lässt sich nichts befehlen!
Ich seh es ein – ihr beide liebt euch doch!"
Zum Bräutigam sagt sie: „Brauchst mir nichts erzählen!
Na, so nimm 'se du 'se dir'se denn'se doch!“


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