Teich/Danner Nr.55
1. Wenn endlich mal nach langer Zeit
der Winter ist vorbei,
erscheint des Frühlings Herrlichkeit
uns doppelt schön und neu!
Wie umgewandelt ist die Welt –
die Erde grünt und blüht-
der Landmann streut die Saat aufs Feld
und singt ein frohes Lied:
„So nimm denn hin den Segen,
du Erde weit und breit!
Ich will dich treulich pflegen
bis zu der Erntezeit!"
2. Es kommt der Sohn zum Vater hin:
„Ach liebes Väterlein!
Trotzdem ich noch nicht zwanzig bin,
möchte’ ich die Hulda frei’n!
Drum Vater, gib den Segen mir!“
Doch der packt ihn beim Rock,
verriegelt erst die Stubentür
und kommt mit einem Stock:
„So nimm denn hin den Segen
mit diesem Bambusrohr –
ist dir an mehr gelegen,
dann sprich noch einmal vor!“
3. Es schleicht ein Wirt zum Keller ein
des Abends noch nach zehn.
Vor einem teuren Fäßchen Wein,
da blieb er schmunzelnd steh’n,
macht auf das Fäßchen und darauf
mit lächelndem Gesicht
dreht er die Wasserleitung auf
und betet fromm und schlicht:
„So nimm denn hin den Segen,
du edles, volles Faß!
Ich glaub’, wir kriegen Regen,
es wird schon etwas naß!“
4. Es kommt ’ne Maid zum Pater an,
die Maid gefällt ihm sehr.
Sie weint: „Ich habe, frommer Mann,
gesündigt oft und schwer!
Drum, bester Pater, segnet mich!“
Der rückt ganz nahe hin,
er herzt und küßt sie inniglich
und sagt mit frohem Sinn:
„So nimm denn hin den Segen,
sei frei von jeder Qual!
Bist du auf falschen Wegen,
dann tröst’ ich dich noch mal!“
5. Ein Leutnant, der viel Schulden hat,
nimmt sich ’ne reiche Braut.
Sie liebt ihn sehr. Die Hochzeit naht,
doch eh’ man sie getraut
sagt er zum Schwiegervater dann:
„O segne mich, Papa!“
Der lacht und geht zum Geldschank ’ran,
voll Würde sagt er da:
„So nimm denn hin den Segen,
genügt’s, geliebter Sohn?
Sonst kriegst du meinetwegen
’ne doppelte Portion!“