Martha!

Ein humoristischer Küchenroman in Form eines Potpourri

Teich/Danner Nr.59

Freunde, höret die Geschichte,
die sich zugetragen hat,
von der tugendhaften Martha,
einer Köchin aus der Stadt.
Es war ein Abend wunderbar,
als Martha in der Küche war.
Von Ihrem Schatz, dem Grenadier,
da lag ein langer Brief vor ihr.
Sie las ihn schon zum zehnten Mal
und seufzte voller Herzensqual:
„O schöne Zeit, oh sel'ge Zeit!
Du liegst sofern, du liegst soweit.“
Ihr Fritz musst zum Manöver fort,
und aus der Ferne schrieb er dort:
denke dir, mein Liebchen,
was ich im Traume geseh'n!
Ich saß mit meinen Freunden
bei lauter Küchenfeen.
Die brachten uns Soldaten
das beste Essen schier.
Doch nicht ein einz'ger Braten
schmeckt mir so, wie von dir –
denn, so wie du,
kocht keine von allen den Mädchen!
Verlassen, verlassen,
verlassen ist sie!
Ja, sie ist jetzt verlassen
von der ganzen Kompanie!
Da blasen die Trompete,
Soldaten ziehen ein,
Ihr Fritz, der ist der Erste –
sie fängt gleich an zu schrei'n:
Fritz, bleib hier,
du weißt ja nicht, wie's Wetter wird
Fritz, bleib hier,
du weißt ja nicht, wie's wird!
Und der Fritz mit frohem Sinn
schleicht sich zu der Martha hin.
Diese trägt im schnellen Lauf
ihm die besten Speisen auf.
Fritze laut mit frohem Mut,
Ach! Es schmeckt ihm gar so gut.
Und bei der sechsten Portion
singt er dann im Flüsterton:
noch einmal, noch einmal,
noch einmal Füll mir schnell den Magen an!
Und die Martha trägt ihm auf –
Sie singt das Liedchen drauf:
„üb immer Treu und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab,
und schneide nur drei Finger breit
von jedem Braten ab!“
Da braust ein Ruf wie Donnerhall,
die Frau vom Haus kommt Knall und Fall.
Der Fritz muss schnell zum Schrank hinein,
die Martha steht nun ganz allein.
Im Schranke steht der Grenadier.
Die Frau kommt rein zur Küchentür.
Sie sieht sofort den Brief,
den Fritz der Martha hat geschickt.
Sie fragt: „Wer hat den Brief geschrieb'n!“
Und Martha singt entzückt:
„Das hat kein Goeth' geschrieb'n,
das hat kein Schiller gedicht't –
's ist von mein'm Liebsten bei der Infanterie!"
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,“
sagt dann die Frau vom Haus,
„Der Braten der sieht seit heut Mittag
bedeutend kleiner aus
drum musst du mir schleunigst erklären:
wer isst das alles auf?“
Da wird die Martha verlegen,
und leise singt sie darauf:
„Das isst die Liebe nur ganz allein!
Mein Fritz, der schiebt das alles rein –
der Frau machts Kummer,
dem Fritz machts Freud',
mein Fritze isst wie nicht gescheut!“
Da wird die Frau sehr böse,
und mit viel Getöse
schiebt sie Martha aus der Küche fort.
Sie selbst geht hinter ihr,
verschließt die Küchentür –
der arme Fritz, der bleibt alleine dort.
Er steht im Küchenschrank –
ihm wird so weh und bang –
wer weiß, wie lang er da noch stehen kann!
Ach, als er in der Nacht
an Martha dann gedacht,
fing er das schöne Lied zu singen an:
„Martha, Martha, du entschwandest,
lässt im Schranke mich allein!“
Stille! Stille! Kein Geräusch gemacht.
Stille! Stille! Die Tür wurde aufgemacht.
Seh'n Sie wohl, da kimmt sie,
einen Schlüssel nimmt sie –
und die Martha liegt voll Lust
an des Fritzens Brust.
Fritze sagt: auf Wiederseh'n!
Liebes Kind, ich muss jetzt geh'n!
Doch am Sonntag holde Maid,
komm ich gern zur Abendzeit.
„Du bist verrückt, mein Kind,“
die Martha zu ihm spricht,
„Nur in der Woche darfst du komm'n,
am Sonntag geht das nicht!
Das ist der Tag des Herrn!
Das ist der Tag des Herrn!“

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