Parodistisches Original-Potpourri von Otto Reutter

Teich/Danner Nr.41


Die Männer von der Feder
sind oft recht unbekannt –
doch einen kennt wohl jeder
im ganzen deutschen Land.
An seine Werke glaubt man,
man kennt sie ganz genau;
der Mann heißt Gerhard Hauptmann
und wohnt in Schreiberhau.
Ja, dieser Hauptmann war nie bei der Infanterie,
er ist kein Hauptmann von der Artillerie. –
Er ist ein Hauptmann von dem Bataillon "Genie",
denn, was er schreibt, klingt voller Poesie.
Drum ein Hoch dem Gerhard Hauptmann!
Dass er der Schiller wird, das glaubt man –
nächstens kriegt der Hauptmann einen großen Orden –
dann denkt Hauptmann gleich, er ist Major geworden,
von allen seinen Werken
muss man besonders die
versunkene Glocke merken,
ein Werk voll Poesie.
Man gab mit vielem Glücke
dies Werk an jedem Ort –
den Inhalt von dem Stücke
erzähl ich jetzt sofort:
ein Mädchen jung und fein,
genannt Rautendelein
das wohnte wie bekannt
auf hohem Bergesrand.
Bei einem alten Weib
war sie zum Zeitvertreib.
Des Morgens ging sie aus,
des Nachts kam sie nach Haus
auf den Bergen war es schön -
allerlei gab's da zu seh'n.
Auch der Waldschratt, dieser Bock,
hüpfte über Stein und Stock;
eines Tag's kam Nickelmann,
sah Rautendelein sich an. –
Sie frug ihn: „Wo kommst du denn her?“
Voller Wehmut sagte er:
„Am Wasser, am Wasser, am Wasser bin ich zu Haus!
Komm' schon 5000 Jahre nicht aus dem Brunnen raus!
Drum leiste mir Gesellschaft,
komm' mit mir, kekerex" -
da sprach zu ihm Rautendelein:
„Das tu' ich keineswegs!
Mein Herz, das ist ein Bienenhaus",
sprach sie; doch er sprach: „Übe Schonung.
Im tiefen Brunnen sitz ich hier –
komm mit in meine feuchte Wohnung!"
"Da ob'n auf dem Berge", sprach Rautendelein,
"da sitzen (hüpfen) die Zwerge, nur dort will ich sein!
Dann lassen die Elfen ihr Liedlein erschall'n –
nur dort will ich helfen als schönste von all'n!" - -
Da hat sie mal an einem Tag
'nen jungen Mann geseh'n,
'nen Glockengießer, Heinrich hieß er,
der war wunderschön;
er lag gerad' vor ihrer Hütt'
und weinte bitterlich –
da hatte sie viel Mitleid mit
dem sanften Heinerich.
Nun sprach der Heinerich:
„Hier lieg' ich auf der Höh',
doch meine Glocke liegt im tiefen See;
Oh! Du himmelblauer See,
unten die Glocke kommt nicht in die Höh'!"
Sie sprach:" Laß dich's nicht verdrießen,
lieber Heinerich, lieber Heinerich!
Kannst 'ne neue Glocke gießen
und ich helf' dir dabei!"
"All' mein Leid ist nun dahinnen,"
sprach der Heinerich, sprach der Heinerich,
"Wohl, nun kann der Guß beginnen!"
Und dann sangen alle zwei:
„Na so woll'n wir noch 'nmal, woll'n wir noch 'nmal!
Hopsasasa!
Gießen die Glocke,
Juheirasasa!"

Wo er war, der Heinerich,
sah man sie auch sicherlich;
er ging 'runter in das Tal –
sie folgt' ihm voll Herzensqual –
als sie endlich kam nach Haus,
rief die alte Tante aus:
"Wo wirst du gewesen sein?"
Da sprach Rautendelein:
"Ach! Du liebe Tante, du kannst lachen,"
sagte sie mit pfiffigem Gesicht –
"was sie da mit mir für Zicken machen
unten in dem Tal, du ahnst es nicht!"
Auf der grünen Wiese
baut er 'ne Werkstatt sich.
"Gieße Hein'rich, gieße!"
Sprach sie zum Heinerich.
"Von der Stirne heiß
Rinnen muss der Schweiß!
Gieße zu mit Fleiß –
du kriegst den ersten Preis!"
Im Wald und auf der Heide
sah man sie alle beide –
doch oft mit trübem Sinn
schaut er nach unten hin,
"Es liegt eine Glocke im tiefen See,
ihr Läuten bedeutet mir tiefes Weh!"

(Mit Triangel oder Glockenspiel wird jetzt ein viermaliges Läuten markiert)

Und eines Tag's ging's Tingelingeling!
Von unten tönt's herauf –
die Glocke machte Klingelingeling!
Da hört doch alles auf!
Der Heinrich sprach: "Zum Tingelingeling!
Ich muss von dannen geh'n" –
damit verschwand der Jüngelingeling
und ward nicht mehr geseh'n.
Nun war Rautendelein
allein in ihrer Pein –
jedoch sie sagte sich:
„Nur halb freut sich der Mensch allein!“
Und hierauf dacht' sie dann
an ihren Nickelmann -
Sie ging zur Tante hin
und sagte: "Hör' mich an!
Weißt du Mutterl, was ich träumt hab'?
Ich hab' zum Brunnen 'reingeseh'n –
da sitzt der Mann, den ich versäumt hab' –
zum Nickelmann möcht ich jetzt geh'n!"
Da sprach die alte Tante:
„Dein Plan ist grandios!
Der Alte sitzt im Wasser
und hat die Hand voll Moos."
Und richtig, voller Freuden
schlug ein der Nickelmann.
Doch vorher sprach Rautendelein:
„Hör' mein Geständnis an!
Ich hatt' einen Kameraden
mit Namen Heinerich –
von ihm ließ ich mich küssen,
du sollst es vorher wissen!"
Sie sagt ihm was in's Ohr –
doch er spricht voll Humor:
"Schad't nichts, macht nichts, ist mir einerlei!
Glücklich ist, wer vergißt,
was einmal nicht zu ändern ist."
Nun kam der alte Nickelmann –
Kekerex, kekerex,
und packte sie beim Wickel dann –
Kekedi, kekedirex!
Die Tante sah zum Brunnen 'rein
hinunter auf Rautendelein.
„Da sieht man", sagte sie voll List,
"wie tief du jetzt gesunken ist!"
Verheirat't ist die holde Maid - -
Jumheidi, jumheida,
S'war aber auch die höchste Zeit!
Jumheidiheida!
In einem kühlen Grunde
sind sie im Brunnenloch –
und wenn sie nicht gestorben sind,
dann leb'n sie heute noch.

 
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